Nach Bericht über Steuerflucht – Medien berichten über Forderung nach einer „Milliardärssteuer”

Am 22.10.2023 veröffentlichte das EU Tax Observatory einen brisanten Bericht mit dem Titel „Global Tax Evasion Report 2024“. Der Titel lässt sich am vielleicht sinnvollsten mit „Bericht über die weltweite Steuerflucht 2024“ übersetzen – und er schlug Wellen! In den darauffolgenden Tagen berichteten dann auch so gut wie alle online-Medien, Nachrichtenagenturen wie Reuters und internationale Nachrichtenkanale aus aller Welt, wie z.B. The Times of India, BBC, Aljazeeraeuronews oder CNN, über dessen Inhalt. Selbst das Internationale Konsortium investigativer Journalisten (ICIJ) reihte sich in die Berichterstattung darüber ein. Aber der Reihe nach… 

Was genau steht in dem Bericht über Steuerflucht? 

Das EU Tax Observatory (nach eigener Aussage eine unabhängige Forschungseinrichtung zur Entwicklung von Wissen und Ausarbeitung neuer konkreter Vorschläge zur Bewältigung der Steuer- und Ungleichheitsherausforderungen des 21. Jahrhunderts), das an der Paris School of Economics angesiedelt ist, schreibt in seinem Bericht hauptsächlich über die Steuervermeidungspraktiken von Unternehmen sowie über Staaten, die durch ihre nationale Gesetzgebung den Steuerwettbewerb anheizen, indem sie Unternehmen oder vermögenden Privatpersonen steuerlich vorteilhafte Regelungen anbieten, wenn sie dort steuerlich ansässig werden. Insofern ist ein Gutteil des Textes unserem Thema gar nicht direkt gewidmet. Aber: Die Forschungsgruppe des EU Tax Observatory fand eben auch heraus, dass Milliardäre weltweit einen effektiven persönlichen Steuersatz von lediglich 0 % bis 0,5 % haben, also de facto keine Einkommensteuer bezahlen. Etwas, wovon der Ottonormalverbraucher natürlich nur träumen kann. Und so sagen die Forscher, dass, wenn 2.700 Milliardäre jährlich nur 2 % ihres Vermögens versteuern würden, könnte das Steuereinnahmen von weltweit ca. US$ 250 Milliarden einbringen. Geld, das man in Schlüsselbereiche wie Gesundheitsversorgung oder Bildung investieren könnte. Es war wohl die Kombination aus der gewaltigen Summe von einer Viertel Billion US-Dollar jährlich in Verbindung mit dem Umstand, dass die wenigen Reichsten der Reichen so gut wie gar keine Einkommensteuer bezahlen, die dazu führten, dass der Bericht vom EU Tax Observatory so weite Kreise in den Medien zog. 

In Frankreich, so die Forscher, einem Land mit insgesamt relativ hohen Steuern, liegt der Steuersatz für Milliardäre sogar bei 0 %. Insgesamt, sagen sie, scheinen die effektiven Steuersätze von Milliardären, teilweise aufgrund von Steuervermeidungsmethoden deutlich niedriger zu sein als die aller anderen Bevölkerungsgruppen". In ihrem Bericht heben sie dann eine Reihe von Möglichkeiten hervor, mit denen wohlhabende Personen die Zahlung von Abgaben vermeiden. Einige davon sind illegal, wie z. B. das Versäumnis, Offshore-Einkommen zu deklarieren. Viele sind jedoch völlig legal, wie z.B. der simple Umzug eines Milliardärs in ein Land mit niedrigeren Steuersätzen. Manche fallen auch in einen rechtlichen Graubereich, wie z.B. die Nutzung von Briefkastenfirmen (Unternehmen, die weder Vermögenswerte besitzen noch irgendeine Geschäftstätigkeit ausüben), um eine günstigere steuerliche Behandlung zu erreichen. Solche Briefkastenfirmen haben zwar einen legitimen Zweck, können aber oft dazu verwendet werden, steuerpflichtiges Einkommen zu verbergen. 

Was ist der Hintergrund? 

Nun, das ist denkbar einfach zu beantworten: Den Staaten fehlt an allen Ecken und Enden Geld! Und dieses Geld muss irgendwie in die notorisch klammen Staatskassen fließen. Schauen wir uns dazu ein paar wichtige Zahlen an. 

So sind einerseits die Körperschaftsteuersätze in der gesamten EU von durchschnittlich 50% im Jahr 1985 auf 21 % im Jahr 2020 gesunken. Sie haben sich in diesem Zeitraum also mehr als halbiert. 

Gleichzeitig haben viele Unternehmen und wohlhabende Privatpersonen die Möglichkeiten genutzt, die ihnen Steuerschlupflöcher seit Jahrzehnten geboten haben und teils weiterhin bieten. Der harte Steuerwettbewerb zwischen den Staaten dieser Welt trägt also ebenfalls dazu bei, dass sich hohe Vermögen in Gegenden der Welt verlagern, die sie vor einer hohen Besteuerung schützen. 

Ein Bericht der Entwicklungsorganisation Oxfam vom 16.01.22 besagt, dass der Reichtum der Milliardäre im Jahr 2022 durch den rasanten Anstieg der Gewinne im Lebensmittel- und Energiebereich sprunghaft angestiegen ist. So haben 95 Lebensmittel- und Energiekonzerne ihre Gewinne im Jahr 2022 mehr als verdoppelt. Sie erzielten dabei US$ 306 Milliarden an unerwarteten Gewinnen und schütteten US$ 257 Milliarden (84 %) davon an reiche Aktionäre aus. 

Die Walton-Dynastie z.B., der die Hälfte von Walmart gehört, erhielt im vergangenen Jahr US$ 8,5 Milliarden. Gautam Adani, ein indischer Milliardär und Eigentümer großer Energiekonzerne, konnte seinen Reichtum allein im Jahr 2022 um US$ 42 Milliarden (46 %) steigern. Die Liste ließe sich fortsetzen. Die Übergewinne der Unternehmen haben mindestens die Hälfte der Inflation in Australien, den USA und dem Vereinigten Königreich verursacht. All dies ruft Kritiker auf den Plan, und so veröffentlichte ProPublica, eine nach eigenen Angaben „unabhängige, gemeinnützige Nachrichtenredaktion, die investigativen Journalismus mit moralischer Kraft produziert“ am 24.07.22 einen Artikel mit dem bezeichnenden Titel „Zehn Wege, wie Milliardäre Steuern in epischem Ausmaß vermeiden“. 

Bedenkt man dazu, dass, während die reichsten 10 % der Einzelpersonen auf der Welt 76 % des Weltvermögens ihr eigen nennen, die „untere“ Hälfte der Weltbevölkerung insgesamt nur 2 % davon besitzt (World Inequality Report 2022), kann man die Kritiker durchaus verstehen. 

Droht den Reichsten der Reichen eine „Vermögenssteuer? 

Die Zahl der Kritiker an der immer größer werden Schere zwischen Reichsten und Ärmsten nimmt zu. Selbst US-Präsident Joe Biden und seine Demokratische Partei möchten die Milliardäre stärker zur Kasse bitten. Wie das Magazin Forbes am 07.04.23 unter dem bezeichnenden Titel “Bidens Krieg gegen die Milliardäre” schrieb, will die Biden-Regierung eine "Milliardärssteuer" einführen, die Haushalte mit einem Nettovermögen von mehr als 100 Millionen Dollar betreffen soll. Konkret sollen diese Haushalte einen Mindeststeuersatz von 20 % auf ihre wirtschaftlichen Gewinne bezahlen, einschließlich der Wertsteigerung von noch nicht verkauften Vermögenswerten. 

Dass es aber tatsächlich in absehbarer Zeit zu einer Besteuerung gerade der (Multi-)Milliardäre kommt, ist eher unwahrscheinlich. Warum ist das so? Nun, ganz einfach: Solche Steuern müssten von Politikern mehrheitlich in Form von entsprechenden Gesetzen beschlossen werden. Aber gerade die dafür verantwortlichen Politiker und deren Parteien sind meist von den Zuwendungen eben dieser Milliardäre abhängig. Nicht selten verdanken sie ihnen sogar ihre Karriere. Den Milliardären gehören zudem die Medien über die sie die öffentliche Meinung beeinflussen. Das wissen vor allem und gerade die Politiker. Wer also soll die Hand beißen, die ihn füttert? 

Es wird also vermutlich beim Säbelrasseln bleiben. Stattdessen dürfte es, der Einfachheit halber, den Wohlhabenden, die nicht zur obersten Geldelite gehören, verstärkt an den Geldbeutel gehen. Insofern sollten gerade die vielen, die hart für ihr Geld und Vermögen gearbeitet haben, sich überlegen, wie sie ihr Geld vor dem Zugriff des Staates in Sicherheit bringen. Noch gibt es Möglichkeiten, die Steuerlast legal zu minimieren. Wer klug ist, nutzt die Zeit.

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