Dichtung oder Wahrheit: Gibt es wirklich 4 Steuersysteme weltweit?

Lässt sich die Welt tatsächlich in vier Ländergruppen nach Steuersystem aufteilen? Die kurze Antwort lautet “nein”. Tatsächlich erheben die meisten Staaten ihre Steuern uneinheitlich und wenden verschiedene Prinzipien der Besteuerung an. Wussten Sie z.B. dass Deutschland nach Territorialprinzip (“Territorialbesteuerung”) veranlagt, England dagegen nicht?

Wenn Sie einen der vielen “Experten”, die mit Konzepten zur “Steueroptimierung im Ausland” hausieren gehen, intellektuell auf die Probe stellen wollen, dann fragen Sie ihn doch mal folgendes:

“Weisst Du, dass in Deutschland Auslandseinkünfte nach Territorialprinzip versteuert werden, in England dagegen nicht?”

Oder anders gesagt: Wer in Deutschland wohnt und beispielsweise ein Gehalt von seiner eigenen Firma in Singapur erhält, muss darauf in Deutschland keine zusätzlichen Steuern bezahlen, während der Engländer das gleiche Gehalt in England voll versteuern müsste (abzüglich der lokal in Singapur bezahlten Steuern).

Oder wenn Sie in Deutschland wohnen und z.B. ein Haus in Florida besitzen, welches auf AirBnB vermietet wird, zahlen Sie auf die US-Mieteinnahmen nur die günstigen US-Steuern (10%?). Es werden keine weiteren Steuern in Deutschland fällig. Ein Engländer in der gleichen Situation muss das US-Mieteinkommen in England versteuern (abzüglich der Steuern, die er in den USA bezahlt hat).

Selbst mit dem vorteilhaften Non Dom Status bezahlen in England lebende Ausländer immer noch die im Ausland anfallenden Steuern (hier: Steuern auf das Gehalt in Singapur und Steuern auf Mieteinnahmen in den USA). Sie dürfen dann aber die Netto-Erträge nicht nach England überweisen oder dort verwenden.

Steuern sind die härteste Belastung für Privatpersonen und Unternehmer in Deutschland und vielen anderen Ländern. Zum Glück ist es immer noch möglich, Orte zu finden, an denen Sie ein steuerfreies Leben genießen können.

Grob gerechnet gibt es auf der Welt 206 autonome Staaten mit eigener Steuerhoheit. Während viele von ihnen Steuern in unterschiedlicher Höhe erheben. Darunter sind 23 Länder, die ganz auf die Besteuerung ihrer Bürger verzichten. Doch selbst in über 50 Ländern, in denen Steuern eigentlich erhoben werden müssten, gibt es Möglichkeiten, die eigene Steuerlast auf Null zu senken. Denn es gibt weltweit verschiedene Steuersysteme, die sich erheblich von der bei uns in Europa gewöhnlichen Residenzbesteuerung unterscheiden.

In diesem Artikel werden wir auf vier Arten von Steuersystemen näher eingehen und die Unterschiede verdeutlichen.

 

Die Residenzbesteuerung

Die Residenzbesteuerung ist mit Abstand das am häufigsten verwendete Steuersystem weltweit und wird in etwa 130 Ländern angewendet. Sobald jemand in einem dieser Länder seinen Wohnsitz hat oder sich dort gewöhnlich aufhält, greift die Steuerpflicht und er oder sie muss auf das gesamte globale Einkommen Steuern zahlen. Wenn dieser Person ein Auslandsunternehmen gehört, muss sie weiterhin Einkommensteuern auf Ausschüttungen oder Gehälter zahlen. Obwohl die lokalen Körperschaftsteuersätze von Land zu Land variieren, werden Auslandsunternehmen in vielen Hochsteuerländern unter bestimmten Voraussetzungen lokal besteuert, um sicherzustellen, dass die Steuereinnahmen auch tatsächlich bei den zuständigen Behörden landen.

Diese Auswirkungen können ziemlich negativ sein, besonders im Zusammenhang mit der deutschen Hinzurechnungsbesteuerung. Hier wird nicht nur der reguläre Einkommensteuersatz angewandt, sondern auch der volle Körperschafts- und Gewerbesteuersatz aufgeschlagen. Diese doppelte Besteuerung kann schwerwiegende finanzielle Konsequenzen für Unternehmen haben.

Insgesamt gibt es nur etwa 45 Länder, die Außensteuergesetze verabschiedet haben. Das bedeutet, dass die Mehrheit der Länder weltweit, knapp 85, ein System der Residenzbesteuerung nutzen. Für ausländische Unternehmen bedeutet das, dass sie in diesen Ländern unkompliziert und steuerfrei arbeiten können.

Da in vielen Ländern keine verdeckten Gewinnausschüttungen vorliegen, müssen Unternehmen oft keine oder nur begrenzt steuerpflichtigen Dividenden ausschütten oder Gehälter zahlen. Eine niedrige Besteuerung von 5-15% in vielen Ländern, die das System der Residenzbesteuerung nutzen, kann also durchaus attraktiv sein.

In vielen europäischen Ländern gibt es Residenzbesteuerungen ohne Außensteuergesetze, die für Unternehmer interessante Möglichkeiten bieten, das zu versteuernde Einkommen signifikant zu senken. Die Schweiz, Belgien, die Niederlande, Luxemburgund die meisten südosteuropäischen Staaten sind hierbei zu nennen. Länder wie Montenegro mit einer Flat Tax von 13% können sogar mit steuerfreien Ländern konkurrieren, die höhere Kosten für den Wohnsitz oder teurere Sozialversicherungen verursachen. Darüber hinaus sollten Unternehmer auch die Residenzbesteuerung in Ländern wie Chile, Kolumbien oder der Ukraine nicht außer Acht lassen.

 

Die Territorialbesteuerung

Für ortsunabhängige Unternehmer sind Länder mit Territorialprinzip besonders attraktiv. Denn in diesen Ländern wird nur Inlandseinkommen besteuert, was bedeutet, dass Personen, die mit einem Wohnsitz in diesen Ländern ihr Geld im Ausland verdienen, davon steuerfrei profitieren können. Allerdings ist hierbei wichtig zu beachten, dass das Auslandseinkommen durch Auslandsunternehmen erwirtschaftet werden muss. Wer eine lokale Firma gründet, wird weiterhin Körperschaftsteuern zahlen müssen.

Territorialbesteuerung kann auf persönlicher oder Unternehmensebene geltend gemacht werden. Einige Länder, wie Marokko, Estland oder Singapur, setzen diese Art der Besteuerung nur für Unternehmen ein. Das bedeutet, dass Zweigstellen in anderen Ländern steuerfrei bleiben können und Gewinne unter bestimmten Bedingungen auch steuerfrei verschoben werden können, solange ein anderes Unternehmen in einem anderen Land als Tochter oder Zweigstelle existiert.

Für Unternehmen, die in einem dieser Länder ansässig sind und nicht in der Lage sind, von dieser Regelung zu profitieren, gibt es Alternativen. In 40 Ländern weltweit wird Territorialbesteuerung auf persönlicher Basis angeboten. Beliebte Staaten, die diese Art von Besteuerung nutzen, sind die Philippinen, Hongkong, Paraguay, Nicaragua, Panama, Namibia, Georgien, Malaysia und Guatemala.

Damit die Territorialbesteuerung sinnig durchführbar ist, verzichten diese Länder auch auf Außensteuergesetze.

Darüber hinaus ist es in vielen ärmlichen Ländern oft einfacher, eine dauerhafte Aufenthaltsgenehmigung zu erhalten. Trotz des vielen Papierkrams brauchen Länder wie Paraguay, Philippinen oder Panama oft nur eine Einlage von wenigen Tausend Dollar auf einem lokalen Bank-Konto.

Anders sieht es jedoch in Ländern aus, die schon seit Jahrzehnten die Vorteile der Territorialbesteuerung erkannt haben. Beispielsweise müssen Investoren in Hongkong mindestens eine halbe Million Dollar für eine Aufenthaltsgenehmigung investieren. Es gibt jedoch auch Länder wie Thailand, die fast keine offiziellen Aufenthaltsgenehmigungen haben, was bedeutet, dass Einwanderer sich mit Visa-Runs behelfen müssen, die in letzter Zeit schwieriger geworden sind.

Es gibt immer noch Staaten, die eine Besteuerung nach Wohnsitzprinzip durchführen und in denen keine Sozialversicherungen angeboten werden. Diese Länder bieten vergleichsweise einfachere Einwanderungsmöglichkeiten. Beispielsweise können Sie nach Erhalt einer dauerhaften Aufenthaltsgenehmigung für mehrere Jahre das Land verlassen, ohne Ihren legalen Aufenthaltsstatus zu verlieren. Allerdings ist oft eine gewisse Investition wie beispielsweise ein neunmonatiger Aufenthalt im ersten Jahr der Antragstellung erforderlich, insbesondere in Belize und Uruguay. Länder wie die Dominikanische Republik bieten sogar Steuerprogramme für Rentner an, die es ihnen ermöglichen einen steuerfreien Ruhestand zu genießen.

 

Das Non-Dom-System

Eine interessante Mischform der Territorialbesteuerung mit der Residenzbesteuerung ist das Non-Dom-System, das auf dem angelsächsischen Recht basiert und zwischen Domizil und Residenz unterscheidet. Das Domizil ist das Land, in dem man den Großteil seines Lebens verbracht hat und auch vorhat zu sterben. Die Residenz hingegen ist der Wohnsitz. Wer seine Residenz in einem Non-Dom-Land hat, jedoch nicht domiziliert ist, fällt als Non-Dom unter eine Art Territorialbesteuerung. Praktisch sind Ausländer meistens nicht domizilliert, während Staatsangehörige des entsprechenden Landes es sind.

Als Non-Dom unterliegt man einer besonderen Form der Besteuerung, nämlich der Territorialbesteuerung. Im Gegensatz zu Staatsangehörigen des Landes, die unter die Residenzbesteuerung fallen, greift bei Non-Doms die sogenannte Überweisungsklausel (Remittance Base). Das bedeutet, dass das Auslandseinkommen steuerfrei bleibt, solange es nicht ins Inland überwiesen wird. Ein hoher Geldfluss auf ein inländisches Konto würde somit zu einer Steuerpflicht führen. Allerdings sind Geldflüsse auf ausländische Konten von der Steuerpflicht ausgenommen.

In der Europäischen Union gibt es drei Länder, die ein klassisches Non-Dom-System anbieten. Dabei handelt es sich um Großbritannien, Irland und Malta. Aber auch außerhalb Europas gibt es ehemalige Kolonien Großbritanniens, die ein ähnliches System anbieten, wie zum Beispiel Barbados in der Karibik oder Mauritius im Indischen Ozean.

So könnte beispielsweise ein Schweizer mit seinem steuerfreien Unternehmen in Dubai sein Geld in Deutschland verdienen, aber keinerlei Einkommensteuern bei seinem Wohnsitz in Malta zahlen.

Allerdings muss man als ordentlicher Bürger in fast allen Non-Dom-Staaten in die Sozialkassen einzahlen, was in einigen Ländern zu einer finanziellen Belastung führen kann. So gilt in Großbritannien eine Regelung, wonach Non-Doms nach spätestens 7 Jahren eine jährliche Pauschalsteuer von 30.000 Pfund zahlen müssen.

 

Systeme ohne direkte Steuern

Neben der Residenzbesteuerung, der Territorialbesteuerung und des Non-Dom-Systems gibt es auch Länder auf der Welt, die keine oder nur minimale Steuern erheben. In der Regel gibt es dort weder Einkommens- noch Kapitalertragssteuern, und Körperschaftsteuern sind oft auf bestimmte Branchen wie Banken und Ölkonzerne beschränkt. Solche Länder sind oft kleine Inseln, die Offshore-Finanzzentren beherbergen (Bahamas, Cayman-Inseln oder Anguilla), oder große ölreiche Nationen (Brunei, Katar oder die Vereinigten Arabischen Emirate).

Eines muss aber beachtet werden: Eine Steueroase wie die Vereinigten Arabischen Emirate klingt zunächst verlockend, doch es bedeutet nicht, dass es dort gar keine Steuern gibt. Die Steuerpolitik besagt, dass Umsatzsteuern und hohe Importzölle durchaus gezahlt werden müssen, wodurch die Lebenshaltungskosten deutlich erhöht werden. Zusätzlich kann es schwierig sein, in diese Länder einzuwandern, da häufig erhebliche Investitionen benötigt werden, um Zugang zu erhalten und einen Wohnsitz zu erlangen. Letztlich können kulturelle Unterschiede in den islamisch geprägten Ländern die Entscheidung, dort langfristig zu bleiben, erschweren.

 

Fazit

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass sowohl Privatpersonen als auch Unternehmen Untertanen des Steuersystems sein können. Die Steuersysteme sind komplex, und die verschiedenen Länder haben unterschiedliche Lösungen entwickelt. Wenn Sie sich der Unterschiede zwischen den einzelnen Steuersystemen bewusst sind und sich mit der jeweiligen Politik vertraut machen, können Sie ein Land finden, das für sie am besten geeignet ist. Es ist auch wichtig, sich darüber im Klaren zu sein, dass niedrigere Steuern zwar attraktiv erscheinen, aber oft eine geringere Lebensqualität in Bezug auf die soziale Sicherheit und andere staatliche Leistungen bedeuten. Eine Konsultation mit einem fachkundigen Berater ist unerlässlich, damit eine fundierte Entscheidung bei der Wahl des Steuersystem getroffen wird. In unserem Beratungsgespräch erhalten Sie Klarheit über all Steuerfragen im Ausland.

 

 

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